Europarecht - Erbschafts- und Schenkungssteuer Deutschland - Freibeträge bei Gebietsfremden - Auswirkung bei Wohnsitz in Spanien

 

In der Rechtssache C‑510/08 hat der EuGH mit Urteil vom 24 April 2010 entschieden, daß das Europarecht einer nationalen Regelung entgegensteht, "die hinsichtlich der Berechnung der Schenkungsteuer vorsieht, daß der Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage im Fall der Schenkung eines im Inland belegenen Grundstücks dann, wenn Schenker und Schenkungsempfänger zur Zeit der Ausführung der Schenkung ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hatten, niedriger ist als der Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn zumindest einer von ihnen zu diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz im erstgenannten Mitgliedstaat gehabt hätte."

§16 Abs. 2 des deutschen Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes sieht vor, daß Personen, die Ihren gewöhnlichen Wohnsitz im Ausland haben, lediglich einen Freibetrag von 2.000,-€ genießen.
Inländer, also Personen mit Wohnsitz in Deutschland hingegen werden hohe Freibeträge gewährt:

Steuerklasse Erbe / Beschenkter Freibetrag ab 01.01.2009
I Ehegatte 500.000
Kinder 400.000
Enkel 200.000
Großeltern, Eltern 100.000
II Geschwister, Nichten/Neffen 20.000
Eltern, Großeltern 20.000
(bei Schenkung)  
III Sonstige 20.000

Dieser Ungleichbehandlung hat der EuGH nun mit seinem Urteil einen Riegel vorgeschoben. Das Urteil bezieht sich auf Schenkungen. Allerdings dürften für Erbschaften dieselben Grundsätze gelten.

Von Bedeutung ist dieses Urteil für diejenigen, die Ihren ersten Wohnsitz in Spanien und Familienangehörige in Deutschland haben.
So können z.B. die in Spanien lebenden Kinder, die von Ihren Eltern in Deutschland eine Schenkung von Geld- oder Sachwerten erhalten, bei der deutschen Schenkungssteuer den Freibetrag von 400.000 € geltend machen.

Gleiches gilt für eine Erbschaft, bei der der Erblasser sein Vermögen in Deutschland hat und der Erbe in Spanien lebt. Der Erbe mit Wohnsitz in Spanien kann bei der deutschen Erbschaftssteuer dieselben Freibeträge geltend machen, wie ein in Deutschland ansässiger Erbe.

Sowohl bei der Schenkung als auch beim Erbfall  ist  zu beachten, daß die Erbschafts- und Schenkungssteuer auch in Spanien erklärt werden muß, da der Beschenkte bzw. Erbe ja seinen ersten Wohnsitz  in Spanien hat und dort unbeschränkt steuerpflichtig ist. Ein Doppelbesteuerungsabkommen für Erbschaften und Schenkungen besteht zwischen Deutschland und Spanien nicht und es wird durch das spanische Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht lediglich eine Anrechnung im Ausland gezahlter Steuern gewährt.

Bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer in Spanien wiederum ist zu beachten,  daß es  sowohl ein nationales als auch regionale  Erbschafts- und Schenkungssteuergesetze gibt, wobei die regionalen Gesetze in der Regel zu einer wesentlich geringeren Besteuerung führen. Aber auch in Spanien führt die derzeitige Gesetzgebung dazu, daß in diesem Fall (Wohnsitz in Spanien und Erbschaft von Vermögen in Deutschland) zu einer höheren Besteuerung führt. Ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien ist eingeleitet. Allerdings ist die auf spanischer Seite diskriminierende Besteuerung noch nicht rechtskräftig festgestellt.

Wer in Spanien lebt und in Deutschland erbt oder beschenkt wird, der sollte unbedingt sachkundigen Rat einholen.

Volker Borges
Rechtsanwalt & Abogado Inscrito
Palma de Mallorca, 01.06.2010

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